klappte zu, wurde mit Ketten gesichert, und die Fahrt im Dunkeln begann. Es war ein milder Augusttag im Jahre 1941. Wir fuhren schnell. Die vielen Stöße, das Schleudern und Rattern des Wagens waren so stark, daß es unmöglich war, bei diesem Landtransport nicht seekrank zu werden. Es hätte nicht viel gefehlt, dann wären wir uns wie Rührei vorgekommen.

Einer von unseren Leidensgefährten, ein ,, Neuer", der erst in Hamburg zu unserem Trupp gestoßen und mit uns getreten und geschlagen worden war, als gehörte das nun einmal zu einem streng vorgeschriebenen Zeremoniell, war offenbar aus dem Konzentrationslager Neuengamme entflohen. Man hatte ihn jedoch wieder eingefangen, und nun wurde er zurückge­bracht. Wochenlang war es ihm gelungen, sich in Hamburg , wo er herstammte, versteckt zu halten. Aber die eigene Schwester hatte ihn dann der Polizei angezeigt. Später sollte dieser etwas finstere, aber lebhafte Bursche sich als eine der populärsten Unterweltfiguren aus der endlosen Vielfalt der Gestalten abheben, die als die ,, Grünen", die Berufsverbre­cher, die ,, Kriminellen ", in Neuengamme registriert waren. Er war nicht gerade ein Edelmann unter diesem Auswurf der menschlichen Gesellschaft, aber auf jeden Fall eine ausgespro­chene Persönlichkeit mit einem gewissen Maß von Selbstach­tung. Es wäre unter seiner Würde gewesen, hätten seine Dieb­stähle und Schwindeleien nicht ein viel größeres und groß­zügigeres Ausmaß gehabt als bei einem gewöhnlichen Ver­brecher. Die Bürde seiner monatelangen Mißhandlungen in der Strafkompanie trug er mit einer Heiterkeit und einem Gleichmut, die in ihrer unverwüstlichen Lebensbejahung Be­wunderung verdienten. In allem Elend eine unverwüstliche Natur. Ein Mann, der sich in seiner moralischen Verkommen­heit wohl fühlte, der seine Freude daran hatte, tüchtiger zu şein als andere Verbrecher seines Schlages, ein Kerl, der sich in seiner Virtuosität, sich über die geltenden Regeln der Ge­meinschaft hinwegzusetzen, nicht nur reich und glücklich, sondern auch beneidenswert vorkam. Ein geborener Freibeu­ter! Und dazu einer, der bis zum dramatischen Ende seines Lebens blieb, was er war, ein elegantes Raubtier. Nach einem Jahr Strafkompanie wurde er zur Abwechslung in der Miẞ­handlung mit einem Kommando von Zwangsarbeitern in eine Fabrikstadt geschickt, und dort brachte er tatsächlich den Mut auf, noch einmal einen Fluchtversuch zu wagen. Die Sache

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