soldatischer Wuchs. Nur durch gute Beziehungen war er wenige Monate vor der Machtergreifung in den Marinesturm gekommen. Er war nach seiner Schulentlassung als Schiffsjunge gestoßen, getreten und geprügelt worden. Seitdem ist er der Meinung, daß es besser ist zu prügeln, als geprügelt zu werden. Einen besonderen Reiz hat es für ihn, große, starke Menschen zu prügeln. Seine nächtlichen Streifen in die Zellen der Einzelhäftlinge sind gefürchtet und stoßen selbst bei manchen seiner Kameraden auf Ablehnung, weil er dann keine Grenzen kennt. Im Dienst ist er ein vorbildlicher Soldat. Stets adrett und sauber, befolgt er die Dienstvorschriften auf das peinlichste. Seinen Vorgesetzten gehorcht er blind, von seinen Untergebenen verlangt er blinden Gehorsam.
Als Kleinster des ganzen Wachtkommandos hat er den Spitznamen Pöppi. Er wird wild, wenn er ihn von einem Untergebenen hört; er grinst devot und resigniert, wenn ihn ein Vorgesetzter gebraucht.
Scharführer Riedel hat aus den Akten erfahren, daß der Schutzhaftgefangene Johann Nagel Feldzugsteilnehmer war, das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse erhielt und viermal verwundet wurde, davon einmal schwer. Nagel ist Familienvater und wurde wegen einer Lappalie verhaftet; er hat für den ,, Bund der Opfer der Arbeit und des Krieges" Beiträge einkassiert. Und diesen Kriegsveteranen hat er bis zum Umfallen gejagt und gehetzt. Riedel ist im Elternhaus streng deutschnational erzogen worden. Sein Vater war 1917 in Frankreich gefallen, und seine Mutter glaubte das Andenken ihres Mannes dadurch zu ehren, daß sie ihren einzigen Sohn im Geiste seines Vaters, in vaterländischem Geiste, erzog. Alle patriotischen Werke über den großen Krieg hat sie gesammelt. Als aus dem kleinen Schorsch ein junger
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