Am ganzen Leibe zitternd tritt Miesicke über die Türschwelle. Er sieht sechs SS - Uniformierte um einen Tisch stehen. Sein Be­gleiter steht hinter ihm an der Tür, den Revolver immer noch in der Hand.

,, Herkommen! Los!"

Miesicke reißt alle Kraft zusammen und geht auf ein klobiges, quadratisches Gesicht zu. Ein ängstlicher, flüchtiger Blick durchs Zimmer. Nichts steht drinnen außer dem Tisch. Der Fußboden ist schmutzig; Papierstücke und Zigarettenstummel liegen herum. ,, Du heißt?"

,, Gottfried Miesicke!"

,, Lauter, du Schwein! Und dann heißt's: Herr Wachtmeister!" ,, Gottfried Miesicke, Herr Wachtmeister!"

,, Bist Jude, was!"

Ja, Herr Wachtmeister!"

,, Das heißt: Jawohl!"

,, Jawohl, Herr Wachtmeister!"

,, Kommunist?"

,, Nein, Herr Wachtmeister!"

Du Lump lügst!"

,, Ich bin kein Kommunist, Herr Wacht..."

Ehe Miesicke weiß, wie ihm geschieht und wer von den sechsen es ist, hat einer seine Hände um Miesickes Kehle gelegt, ein zweiter seinen rechten Arm gepackt, gedreht und zur Seite ge­rissen. Mit einem schmerzhaften Ruck, bei dem Miesicke wie ein Tier aufheult, wird er über den Tisch gezerrt. Fast gleichzeitig wird auf ihn geschlagen. Aufs Gesäß, auf den Rücken, auf die Beine. Einige Hiebe klatschen auf seinen Körper, andere kommen dumpf und hart; ihm ist, als träfen sie direkt die Knochen. Er hat zunächst nur den Gedanken: wo kommen nur die vielen Men­schen her, die ihn verprügeln, und woher haben sie plötzlich die

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