Häftlinge, die sich anfangs durch alle möglichen krampfhaften Körperbewegungen bemühten, die Schmerzen zu lindern, dann immer schlapper und schlapper wurden, um schließlich wie leblos dazuhängen, häufig genug ohnmächtig, manchmal sogar tot.
Lange bevor ich das Baumhängen sah, hatte ich mit meinen Freunden in einer sonntäglichen Freistunde einmal über die merkwürdige Beobachtung gesprochen, daß im Lager trotz des Vorhandenseins von Nadel- und Buchenwald , Hoch- und Tiefwald und Gestrüpp die Vogelwelt völlig ausgestorben war. Wir hatten einen Ornithologen unter uns, der uns viele scharfsinnige und einleuchtende Gründe und Erklärungen sagte. In den Lägern Neusustrum und Börgermoor aber hatte ich beobachtet, daß sich die Vogelwelt, die vorher in diesen unwirtlichen Gegenden auch nicht zu Hause war, schnell auf Grund einer Art Symbiose oder Synökie einsiedelte. Daß hier in Buchenwald trotz der Belebungen des unwirtlichen Waldes durch Menschen und große Stallungen aller Art die Ansiedlung von Vögeln ausgeblieben war, wuiste unser Ornithologe auch nicht zu erklären, und mit der Umfälschung einer Vermutung zu einer Behauptung befaßte er sich als verantwortungsbewußter Wissenschaftler nicht. Nachdem ich das Baumhängen gesehen und gehört hatte, brauchte ich keine Erklärung mehr.
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Es hat in Deutschland keinen verständigen Menschen gegeben, der nicht wußte, daß das Leben im Konzentrationslager eine harte Sache war, wenngleich auch gesagt werden muß, daß das Ausmaß der Nazigreuel entweder nicht bekannt war oder meistens einfach nicht geglaubt wurde.
Es dürfte gut sein, in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, daß selbst wir Konzentrationäre uns im Lager manchmal sagten: ,, Wenn wir das draußen erzählen, das nimmt uns keiner ab. Das glaubt uns keiner. Das kann uns keiner glauben. Was tun wir nur, um die Wahrheit dennoch glaubhaft zu machen?"
Wir Häftlinge hatten im Lager keines jener Mittel zur Verfügung, mit denen moderne Aufklärung arbeitet, keinen Photoapparat, keinen Tonfilm, kein Diktaphon oder keinen Phonograph, keine Möglichkeit, irgendein beweiskräftiges Dokument zu schaffen. Wir wußten genau und sahen es tagtäglich, mit welcher Sorgfalt die SS.- Leute alles vernichteten, was einmal als Dokument aufgezeigt werden könnte. Wir
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