sein!" hatte sicherlich der Sachbearbeiter in der Politischen Abteilung gedacht, als er den ausgefüllten Fragebogen durchsah, und darauf einen Strafregisterauszug aus Troppau angefordert. Und als der Auszug eingetroffen war, da hatte er ihn durchgelesen und all die Stellen darin, die auf Bestrafung wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses oder wegen unzüchtiger Handlungen hindeuteten, schön säuberlich rot unterstrichen und ihn dem Lagerkommandanten SS.- Standartenführer Koch vorgelegt. Der hatte darauf geschrieben:„ Entmannen!" und die Akte an den Lagerarzt weitergeleitet.
Und nun stand der arme Schlucker vor dem Lagerarzt, eine Zillefigur, der nur die Brennspritflasche fehlte, um das letzte Insignum eines Sonnenbruders zur Schau zu tragen. Die Situation war so komisch, daß Dr. Ding auf das übliche Theater verzichtete. Und Y. unterschrieb auch ohne Zögern und ohne die Erklärung durchzulesen.
Einige Schwierigkeiten bereitete die Ausfüllung des roten Entmannungsformulars. Denn dort waren alle Fragen genau rubriziert, und aus den inzwischen eingegangenen Gerichtsakten ging hervor, daß die drei Höchststrafe, die Y. zudiktiert bekommen hatte, einmal--Monate Gefängnis gewesen war. Alle anderen Strafen waren sechs Tage, drei Tage, zehn Tage, zwölf Tage, drei Wochen, zwei Tage, ein Tag usw. usw. Und die Erregung öffentlichen Ärgernisses bestand immer darin, daß er seine kleine Notdurft auf öffentlicher Straße verrichtet hatte. Und die unzüchtigen Handlungen? Da hatte er einmal total betrunken und reichlich unbekleidet im Graben an einem Weg gelegen, an dem Schulkinder vorbeigekommen waren.
Was so an Eindringlichem fehlte, versuchte man durch einen etwas längeren Bericht auszugleichen. Das kostete zwar ein wenig ,, Schweiß", aber die Entmannungsoperation war dafür wieder um so weniger schwierig. Y. hat seine ,, Erleichterung" nicht lange getragen. Unter normalen bürgerlichen Verhältnissen neigen bekanntlich Kastraten zu körperlicher Fülle. Y. tat unter der Auswirkung der Lagerernährung das genaue Gegenteil, und als der harte Winter 1939/40 tobte, mußte er sich eines Tages mit totfrieren lassen.
Der Häftling Z. stammte aus dem Ruhrgebiet , aus dem Land der Hütten und Schächte, auf das der Feind keine einzige Bombe werfen konnte. Er war homosexuell veranlagt und hatte eine Gefängnisstrafe, verbüßt, als er in das Lager gebracht wurde. Um die Unausweichlichkeit. seines Schicksals nicht einzusehen, war er viel zu intelligent, und um den Versuch zu wagen, die lagerüblichen Druckmittel durchzustehen, war er zu weich veranlagt. Er unterschrieb den Entmannungsantrag und gab
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