Epiklemie einen solchen Grad angenommen hatte, daß sogar die SS-Wach- mannschaften davon befallen wurden, schien es, als ob die Lagerverwaltung endlich für Abhilfe sorgen wollte. Aber es war schon zu spät. Nur noch etwa tausend Mann befanden sich am Leben; die Durchschnittszahl an Toten betrug täglich 50 bis 60. Als die Seuche endlich mit Mühe eingedämmt worden war, lebter von den eingelieferten 2000 polnischen Kriegsgefangenen nur noch fünf- bis sechshundert.
Ihre Verpflegung spottete jeder Beschreibung. Sie war derart kümmierlich, daß die Häftlinge auf kaum vorstellbare Auswege verfielen, um nicht ganz zu verhungern. So kam es oft vor, daß zwei der Kriegsgefangenen zum Empfang des Mittagessens einen toten Kameraden mitschleppten, damit sie in den Genuß einer weiteren Portion gelangten. Selbstverständiich wurde dieser traurige„Trick“ sofort entdeckt. Die Betreffenden wurden dann auf der Stelle durchgeprügelt. Weiter wurde ihnen für eine bestimmte Anzahl von Tagen die Nahrung entzogen. Ueberhaupt erhielten nur diejenigen ihre Ration zugeteilt, die zum Empfang”erschlenen waren. Die Mehrzahl der Schwerkranken bekam dadurch nichts und war trotz gelegentlicher Kame- tadenhilfe dem Verhungem rettungslos preisgegeben.
Judenfoltern vertierter Sadisten.
Die Nazis hatten sich vor allem die Aufgabe gestellt, die jüdischen deutschen Staatsangehörigen mit Hilfe einer besonderen„Aktion“ zu liqui- dieren. Soweit diese Unglücklichen nicht in entlegenen Konzentrationslagern des Ostens untergebracht waren, kamen sie in größeren Transporten nach Mittel- und Süddeutschland. So erhielt das Lager Buchenwald im November 1938 emen Zuzug von rund 10000 jüdischen Häftlingen, die vother in den Städten, zum Teil auch auf dem Lande,„ausgekämmt" worden waret. Viele von ihnen hatten bereits mehrere Jahre in Untersuchingshaft zugebracht. Ihre Ankunft bot ein trostloses, erschitterndes Bild, das mit der vorhin ge- schilderten Finlteferung der polnischen Kriegsgefangenen zu vergleichen war. Bei der Behandlung der jüdischen Leidensgefährten feierte der vertierte Sadis- mus der nazistischen Henkersknechte seine scheußlichsten Triumphe; eine Tatsache, die bereits durch den Empfang im Lager offenkundig wurde. Mit Gummiknüppeln und Peitschen schlug man auf die Häftlinge ein, bis unter fauten Flüchen und Schreien der SS -Mannschaften ihre„Aufnahme“ voll- zogen war.
Die ersten Tage nach ihrer Ankunft mußten sämtliche Juden(man stelle sich die ungeheure Zahl vor!) über zwölt Stunden auf dem Appellplatz sitzen — ohne daß Ihnen gestattet wurde, einmal aufzustehen und ihre Notdurft zu verrichten. Von Essen und Trinken war keine Rede. Die Lagerkommandantur hatte es von vornherein darauf abgesehen, die jüdischen Häftlinge besonders scharf anzupacken. Als diese endlich in fünf Holzbaracken eingeptercht worden waren, blieben auf dem Platz mehrere Tote zurück.
Das Leben in den Baracken war unerträglich. Nicht tur, daß infolge der entsetzlichen Stang der hier untergebrachten Häftlinge einfach ekelerregende
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