Fälle, in denen die Häftlinge später das abgestorbene Gewebe aus den Rückenpartien oder den Armen rissen, weil sonst lebensgefährliche Trombosen das Ende herbeigeführt hätten.

Das Verhalten der Kommandeure verriet während dieser fürchterlichen Prügelfolterungen nicht die geringste Spur menschlichen Empfindens. Die ganze Greulichkeit der Vorgänge berührte sie nicht im mindesten. In ihren straffsitzenden grauen SS- Uniformen standen sie rauchend und plaudernd dabei oder sie klatschten Beifall, wenn die Wirkung ihren Befehlen entsprach. Das ganze entsetzliche Schauspiel bereitete ihnen offensichtlich einen wahrhaft sadistischen Genuß. Nicht selten war während dieser Prügelszenen eine kurze, zynische Ansprache des Lager­kommandanten oder eines seiner Unterführer fällig. Meist wurde sie mit folgenden Worten eingeleitet: ,, Ihr Mist vögel, ich empfehle Euch den elektrisch geladenen Draht oder Euch auf­zuhängen! Wer sich nicht meinen Befehlen fügt, wird erschossen!"

Eine Grausamkeit überbot die andere.

Der Fälle sind es zu viele, bei denen von den SS - Henkern die scheuß­lichsten, jede Vorstellung überbietenden Grausamkeiten begangen wurden. Ich will nur einige von ihnen herausgreifen, die wert sind, als Zeugnisse eines unmenschlichen Vernichtungswillens der Nachwelt überliefert zu werden.

Nachdem ich zwei Jahre lang als sogenannter Rückfälliger" geführt worden war, weil ich bereits durch verschiedene Vernehmungen der Berliner Gestapo bekannt war, kam ich in das Krankenrevier. Hier lernte ich die Folgen der grausamen Verbrechen an Leib und Leben der Häftlinge von Grund auf kennen und zugleich die vielfältigen Todesarten meiner Leidensgefährten, die alles in allem eine furchtbare, nie wiedergut­zumachende Anklage gegen das nationalsozialistische Regime und seine vertierten Handlanger darstellen.

Aus der Fülle meiner Erlebnisse verdient besonders die Kastration ( Entmannung) von Häftlingen hervorgehoben zu werden, ein operativer Eingriff, bei dem die Geschlechtsdrüsen nicht- wie bei der Sterill­sierung ihrer natürlichen Funktion beraubt, sondern völlig ausgeräumt werden. Diese Kastration wurde nun nicht etwa von einem Arzt, sondern von einem Häftling vorgenommen, der in diesem Verfahren einigermaßen geschult" worden war. Die willkürlich ausgesuchten Opfer mußten zuvor eine Erklärung des Inhalts unterzeichnen, daß die Kastration ,, freiwillig", also mit ihrem vollen Einverständnis, vorgenommen wurde. Häftlinge, die sich gegen eine solche barbarische Zumutung auflehnten, wurden auf Befehl solange geprügelt, bis sie einwilligten. Die Operation wurde dann bei vollem Bewußtsein der Häftlinge durchgeführt. Einer der Leidens­gefährten, der nicht unterschreiben wollte, wurde sofort im Bunker tot­geschlagen.

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