satt wurden, etwas von den eigenen Liebesgaben ablieẞ. Sie duldeten dann nicht, daß ich die vielen kleinen Tätigkeiten, wie das Abwaschen des Geschirrs, das Forttragen der Kessel, selbst ausführte. Bei den Russen war ich nur der Stary. Ein blutjunger russischer Häftling begrüßte mich jeden Morgen mit der Frage: ,, Wie du geschlafen, Stary? Du nicht ärgern, sonst noch mehr weiße Haare. Du viel zu alt für diese Lager." Ich hatte das Kerlchen in mein Herz geschlossen, wie wenn es mein eigener Sohn wäre. In politischen Dingen waren sie alle sehr zurückhaltend, doch unverkennbar überzeugte Bolschewisten. Clemens hielt den ganzen slawischen Laden zusammen. Sein Tschechisch wußte er gewandt in Polnisch und Russisch abzuwandeln. Er ließ seine slawischen Brüder manchmal hart an, aber sie liebten ihn alle, weil er gerecht war. Nach meiner Überzeugung war er in dieser Umgebung ganz unentbehrlich. Aber Otto schien das nicht einzusehen, dauernd rieb er sich an Clemens, was den wackeren Mann, der unter der Sehnsucht nach seiner Familie und vor allem nach seinen beiden Enkeln, die er noch nicht gesehen hatte, schwer litt, stets von neuem kränkte. Wiederholt drohte es zum Bruch zu kommen; bald nach meinem Weggang ist das dann auch geschehen.
In unserem Block wurde nicht aus Prinzip geschlagen. Es kam vor, daß junge Russen und Ukrainer einander prügelten, wenn sie glaubten, vom anderen übervorteilt worden zu sein. In einem solchen Fall konnten sie kräftig gegeneinander ausholen und manchmal gab es auch Blut, aber zum Schluß folgte immer eine Versöhnungszene. Otto drohte wohl manchmal mit dem Schlagen, doch blieb es in der Regel bei der Drohung. Kam es doch einmal so weit, dann geschah es als Antwort auf die Unart irgendeines Häftlings, etwa so wie
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