DER GEIST DES AUFRUHRS:

Mit dem unbändigen Geist des Aufruhrs hatten die Führer von MAUTHAUSEN und der un­zähligen Nebenstellen bis zum letzten Tage zu kämpfen.

Während des alliierten Vormarsches gestaltete sich das Leben der Gefangenen noch trostloser. Durch die fortschreitende Evakuierung der übri­gen Lager reichen die vorhandenen Räumlich­keiten nicht aus. Es mangelt an Schlafstellen und Lebensmitteln. Die Kommandanten ziehen ernst­haft den Befehl Himmlers in Erwägung, die vollständige Ausrottung durchzuführen. Die Sterblichkeit nimmt in unheimlichem Maße zu. Im Lager EBENSEE, welches für 5-6000 Ge­fangene vorgesehen war, in Wahrheit aber fast 20 000 aufgenommen hatte, werden täglich 500 bis 600 Tote aufgelesen.

Aber das ist noch nicht genug. Eine systemati­sche Ausrottungspolitik wird in MAUTHAUSEN in Szene gesetzt.

In der Nacht vom 21. zum 22. April werden 800 Kranke vergast.

Vom 22. bis 23. April kommen min­destens 1200 um. Aber schon herrscht in der Garnison eine Panikstimmung.Der Widerstandsbewe­gung, vor allem dem Block 1, ist es ge­lungen, Waffen zu verstecken und so versuchen die Ge­fangenen, alles auf

eine Karte zu setzen. Kühn erklären sie der SS, daß sie fähig seien, sich zu verteidigen. Das Ge­rücht dringt bis zum Chef vor, so daß dieser, eingeschüchtert, nicht mehr wagt, die Befehle Himmlers durchzuführen.

In EBENSEE , 60 Kilometer von Salzburg ent­fernt, hat der Kommandant einen ungeheuer­lichen Plan gefaßt, um sich seiner Gefangenen zu entledigen. Angeblich, um sie vor ,, den Gefahren der Bombenangriffe" zu schützen, befiehlt er ihnen, Besorgnis heuchelnd, den Tunnel als Unterstand aufzusuchen, den sie selbst in den Felsen gegraben haben. Dort erwartet sie bereits eine mit Dynamit gefüllte Lokomotive. 20 000 Mann mit einem Schlage durch Explosion zu ver­nichten, das ist der teuflische Plan des Nazi­Kommandanten!

Doch die Gefangenen durchkreuzen diesen Plan. Sie verweigern nicht nur den Gehorsam, sondern vor den Augen ihrer völlig verwirrten Wächter beginnen organisierte Gruppen auf

eigene Faust Lebens­mittel heranzuschaf­fen und zu verteilen. Alle diejenigen, wel­che sich noch auf­recht halten können, stellen sich, ebenso wie in DACHAU , in Reih und Glied, nach Nationen ge­ordnet, auf, um die motorisierten ame­rikanischen Truppen zu empfangen. Die Franzosen begrüßen sie begeistert mit der Marseillaise .

38