VOM ANTIFASCHISTISCHEN KAMPF

DER JUGEND

, ALLGEMEINE ZEITUNG"

Am Morgen des 16. Februar 1943 erschienen an den Münchener Hauswänden große In­schriften in roter Farbe: ,, Nieder mit Hitler! Es lebe die Freiheit!" Die Buchstaben waren 40 Zentimeter hoch und weithin sichtbar- aber nur wenige Münchener bekamen die In­schriften zu sehen. Die Gestapo mobilisierte sofort die Münchener Feuerwehr und ließ die gefährlichen Worte entfernen. Aber die Nachricht von der Tát verbreitete sich in der ganzen Stadt mit Windeseile.

Wer waren die Täter? Die Gestapo begann eine fieberhafte Suche. Die Gestapo war sehr beunruhigt denn es waren die Tage von Stalingrad , und zum erstenmal verbreitete sich in weiten Kreisen der Bevölkerung das Gefühl, daß der Krieg, den die Nationalsozialisten vom Zaune gebrochen hatten, nicht gut enden würde. Die Täter waren Münchener Stu­denten und Studentinnen, die eingesehen hatten, daß Hitler Deutschland in den Abgrund führte, und die versuchten, etwas zu tun, um ihr Land und Volk zu retten.

Die Studenten blieben nicht müßig. Während die Gestapo fahndete, bereiteten sie ein Flug­blatt vor, das illegal in 50 000 Exemplaren gedruckt wurde. 20 000 wurden an Freunde an den Universitäten Jena und Wien gesandt, der Rest am 19. Februar an der Universität München während der Vorlesungen verteilt.

Auszüge dieses Flugblattes lauteten:

,, Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang der Männer von Stalingrad . 330 000 deutsche Männer hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt. Wollen wir den niedrigen Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest der deutschen Jugend opfern? Nimmermehr! Der deutsche Name bleibt für immer geschändet, wenn nicht die deutsche Jugend endlich aufsteht, rächt und sühnt zugleich, seine Peiniger zerschmettert und ein neues, geistiges Europa aufrichtet."

Dieses Flugblatt war verfaßt und gedruckt worden von einem kleinen Kreis von Studenten, die sich um den Professor der Philosophie und Psychologie Kurt Huber geschart hatten. Dieser halbgelähmte Mann hatte sich in der von Gauleiter Giesler und SS- Rektor Wüst tyrannisierten Universität München seine geistige Unabhängigkeit gewahrt, und zu seinen Vorlesungen über Leibnitz , Kant, über Tonpsychologie strömten die besten geistigen jungen Deutschen . Huber hatte auch den Mut, von der Gestapo verfolgten Menschen Unterschlupf zu gewähren. In seinem Haus versammelten sich fast allabendlich Diskussionsgruppen, in denen die Jugend ihrer Sorge um das Schicksal Deutschlands Ausdruck gab. Das Flugblatt wurde auch in seiner Vorlesung am 19. Februar 1943 verteilt. Zwei Studenten wurden dabei von dem Universitätspedell Schmied beobachtet, und dieser Spitzel informierte die Gestapo . Kurz danach wurden Hans und Sophie Scholl und der Maler Alex Schmorel, gleichfalls ein Mitglied dieses Kreises, verhaftet. Schon drei Stunden nach ihrer Verhaftung standen sie vor dem eigens aus Berlin herbeigerufenen ,, Volksgerichtshof " und wurder zum Tode ver­urteilt. Auf die Frage des Gerichtes, ob sie Hitler töten würden, wenn sie Gelegenheit hätten, antworteten Hans und Sophie Scholl wie aus einem Munde: ,, Ja, sofort!"

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