Am Morgen werden wir feststellen, daß alle auf ihrer Zebrauniform Häftlingsnummern aufgenäht tragen, aber keiner hat einen farbigen Winkel— das Zeichen seiner Häftlingskategorie.
„Der Dicke da, Felix heißt er, ist ein Genosse von uns,” flüstert mir Alfons zu. Bald gelingt es uns, Felix in ein Gespräch abseits von den‘anderen zu verwickeln.
„Sag mal," frage ich ihn nach Austausch der üblichen Personalien,„seid ihr alle Kommunisten? Ein jeder von euch nennt sich hier„alter Bolschewik‘, aber daneben höre ich nur Geschichten von Fressen und Schieben, von Puff und Prügeln. Ich muß schon sagen, Dicker, bei uns im Zuchthaus haben wir uns über andere Dinge unter- halten!‘
„Ja, mein lieber Junge," der Dicke hat etwas Väter- liches an sich,„du mußt eben gründlich umlernen. Hier sind wir nicht im Zuchthaus, weißt du, sondern in der rauhen Wirklichkeit.“
Er dämpft seine Stimme bis zum Flüstern, während seine Aeuglein unruhig umhereilen:„Nur drei von uns sind politisch: das ist der Kleine, er heißt Martin und ist aus Sachsen ; dann der lange Bayer— Julius Baumgarten. Die andern sind kriminell, aber wir haben vereinbart, ohne Winkel zu reisen. Pst," er legt den Finger auf den Mund,„laßt euch nicht merken, daß ihr Bescheid wißt!"
Wir sehen uns an, Alfons und ich, ein leises Ver- wundern im Blick.
Die Dinge werden schon an uns herankommen. Aber seltsam sehen diese Dinge aus.
Ich will mich nicht mit den Einzelheiten des KZs. Sach- senhausen aufhalten. Es wird genug Leute geben, die darüber berichten. Dagegen möchte ich euch den Ein- druck schildern, den die politischen Verhältnisse dort auf uns machten.
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