Intermezzo 1946

Hameln , den 14. 8. 46.

Karl Stöhr, Reg. Rat

Sehr geehrter Herr Goguel!

Wundern Sie sich bitte nicht, wenn ich Sie anschreibe. Zwar hatte ich auch schon früher Ihnen gegenüber ist Sympathien wegen Ihrer geraden Haltung, aber es etwas Besonderes, wenn man als Bittender heute kommt. Herr Stühn hat mir nahegelegt, mich an Sie zu wenden, und zwar in folgender Sache:

Da ich

Ich möchte mir die Anfrage erlauben, ob Sie mir ein berufliches und bzw. oder politisches Leumundszeugnis ausstellen können. Ich will das Entnazifizierungsverfahren betreiben und benötige einige Gewährsmänner. und zwar erst 1941 aus Süddeutschland( Bayern ) kam, nach hier, habe ich mit wenigen hier Verbindung be­kommen, zumal ich mich von politischen Kreisen fern­hielt und auch nicht erkannte, wer seinerzeit von den Aus andern Menschen nicht zu den politischen zählte. Bayern selbst kann ich auch keine Bestätigungen mehr erhalten, obwohl entlastende Grundlagen genügend da wären. Mein Heimatstädtchen ist fast völlig zerstört, und die Zeugen sind meist tot, vor allem mußten meine Eltern und Großeltern in den letzten Tagen durch Bomben ihr Leben lassen. Wir haben dort unten alles und das Von Liebste verloren, leider auch die internen Zeugen. den Geschwistern meiner Frau kamen in den letzten Tagen Vom Total­3 um, ferner 2 Schwägerinnen und 1 Neffe. verlust aller Vermögen überhaupt nicht zu reden. Selbst wenn ich ein kleiner Aktivist gewesen wäre, hätten wir doch sicherlich genügend gebüßt.

Die Entnazifizierung ist für unsereinen nicht leicht. Weil ich einen höheren juristischen Dienstgrad hatte, wird das auf die politische Stellung entsprechend übertragen, und

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