Robert ist mit den Dingen unzufrieden. Er ist alter Metallarbeiter, groß geworden in der SPD und spricht im allgemeinen wenig.. Wir haben öfters über die inter- nationale Lage gesprochen und sind meist gleicher
Meinung. Heute sind wir entgegengesetzter Meinung: „Finnland , so erklärt er mir,„ist das klassische Land der Demokratie. Ich kenne Leute, die dort waren und die Verhältnisse studiert haben. Sie haben mir über- einstimmend berichtet, wie es dort aussieht. Und es sieht gut aus. Rußland wird die Arbeiter der ganzen Welt
gegen sich haben— besonders jetzt, nach dem Vertrag mit Hitler! „Was heißt hier Demokratie?‘ wende ich ein.„Zu-
nächst ist Finnland ein kapitalistischer Staat, wie etwa Schweden oder die Schweiz oder irgendein anderes Land. Mir ist nicht bekannt, daß in Finnland der Sozialism.us herrscht. Folglich treibt Finnland zunächst kapitalistische Politik. Und was die idealen Verhältnisse betrifft, so wolle dich freundlichst an 1918 erinnern. Dort sind die Weiß- gardisten am brutalsten gewesen und die Klassenkämpfe am heftigsten!”
„Das war. Aber heute ist nicht damals. Hat nicht Finnland im spanischen Krieg auf Seite der Roten ge- standen? Finnland war auf dem Weg zum Sozialismus, und glaube nur nicht, daß die Rote Armee mit Gewalt ein System dort einrichten kann, welches das Volk ab- lehnt.“
Finnland ist ein Prüfstein für Marxisten. Seit dem Russenpakt haben sich die Geister merklich geschieden.
„Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiterklasse selbst sein— sagt Lenin . Und das sagen auch wir Kommunisten. Ich bin der Meinung, daß Ruß- land nicht ohne Grund gegen Finnland Krieg führt. Er- innere dich an die Gerüchte, daß deutsche Truppen in Finnland stehen sollen.“
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