ZINA

Neue ,, Pensionärinnen" gesellten sich für gewöhnlich nach dem Abendappell zu uns. Ihre Versetzung zu der sogenannten SK ( Strafkolonne) hing meistens mit irgendeinem Vergehen innerhalb des Lagers zusammen. Fast immer hatte die be­treffende Delinquentin bereits die Sofortstrafe verbüßt, das merkte man dem zerschlagenen Gesicht an und an den son­stigen Spuren der vielseitig und reichlich angewandten päd­agogischen Mittel, über die unsere Vorgesetzten, mit Tauber an der Spitze, den wir den ,, Dentisten" nannten, verfügten.

Bei der Ankunft auf unserem Block brachen die meisten zu­sammen und ließen sich schluchzend irgendwo nieder. Wir gingen dann sofort auf sie zu und versuchten zu trösten. Nach einer Weile beruhigte sich die ,, Neue" wieder und fragte uns nach unserem Ergehen: ,, Ist es hier wirklich so furchtbar? Ist die Arbeit hier wirklich so schwer? Wieviel Suppe bekommt ihr? Stimmt es, daß man hier nie mehr lebend herauskommt?" An einem herrlichen Juliabend kam wieder eine Neue zu uns. Sie brach nicht in Tränen aus, auch in ihrem Gesicht prägte sich weder Angst noch Entsetzen aus. Ruhig, beherrscht sprach sie mit der Blockältesten, fragte nach ihrer Unterbringung und schritt mit aufrechter Haltung, hocherhobenen Hauptes durch den Block zu dem ihr zugewiesenen Platz. Sie war un­gewöhnlich hübsch. Von hoher Gestalt, ein sehr regelmäßiges,

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