Wie das Buchenwaldlied entstand

Es war noch vor dem Kriege, als der Lagerkommandant ein Preisausschreiben erließ: 10 Mark und 100 Zigaretten für ein Lagerlied. Als., Führer" im Taschen­format wollte er für sein Lager ein eigenes Lagerlied haben. Im Kreis der Kame­raden wurde es besprochen. Es sollte unser Lied werden, in der Sklavensprache, die uns durch die Herrschaft der SS aufgezwungen war, sollte es doch von unserer Hoff­nung, unserem ungebrochenen Glauben sprechen. Als unser aller Dolmetsch hat es ein österreichischer Kamerad gedichtet. Er selbst sollte später einer von denen sein, die nicht mehr Schritt halten konnten; im Lager Auschwitz ist er mit vielen anderen zugrunde gegangen. Aber wir sind gewiß, daß er noch in seiner letzten Stunde den Glauben an den Sieg der Freiheit im Herzen trug.

Es mag der SS wohl manchmal gedämmert haben, was wir uns bei diesem Lied dachten. Mehrmals hat sie versucht, andere von diensteifrigen Kriechern fabrizierte Lieder einzuführen. Aber wir haben an unserem Lied festgehalten. Wir sangen es, wenn wir morgens durchs Lagertor zur täglichen Arbeitsfron marschierten, wenn wir abends müde und zerschlagen unsere Kranken und Toten mit uns trugen. Oft standen wir nach dem schweren Arbeitstag hungernd und frierend beim Appell bis in die tiefe Nacht hinein, weil wir wieder einmal für irgend etwas bestraft werden sollten. Manchmal weil einer von uns zu flüchten versucht hatte, manchmal auch nur, weil die Meldung von einer neuen siegreichen Absetzbewegung unseren Pei­nigern die Laune verdorben hatte. Wenn dann der Befehl zum Singen kam, suchten unsere Augen das Krematorium, aus dessen Schornstein die Flammen zum Himmel schlugen. Unseren ganzen Haß legten wir dann in das Lied. Aus heiseren Kehlen brüllten wir das ,, Frei!" des Kehrreimes hinaus, daß es vom Wald widerhallte.