Es handelte sich bei all diesen Verhafteten durchweg um Leute, die auch nach Ansicht der Gestapo in keiner Beziehung zum 20. Juli standen. Von all denen, die irgendeiner Verbindung zu den am Attentat beteiligten Kreisen verdächtig waren, ist keiner ins Häftlingslager gekommen. Aber wahrscheinlich sind viele von ihnen im Krematorium erhängt worden. In den Jahren 1944/45 wurden fast täglich von der Gestapo schwergefesselte Gefangene eingeliefert, für die gleich der Exekutionsbefehl mitkam. Sie wurden in den Arrest gebracht und in der Nacht oder am anderen Morgen ins Krematorium geführt. Dort waren im Leichenkeller rings an den Wänden große Haken eingelassen, an denen die Opfer aufgehängt wurden. Die meisten dieser Ermordeten wurden von den Häftlingen gar nicht oder nur flüchtig gesehen. Es waren Fremdarbeiter, Offiziere der alliierten Armeen, oft auch deutsche höhere Offiziere und Beamte, mitunter sogar deutsche und ausländische Frauen.
Kinder im Konzentrationslager
Die Zerstörungen des Luftangriffs hatten nur ein kurzes Abstoppen der Massenzugänge zur Folge. Schon nach 14 Tagen rollten wieder die Transporte an. Die Rote Armee hatte die Sowjetgrenzen überschritten. Polen , Ungarn , Estland , Lettland wurden von der Räumungsaktion ergriffen. Insassen von Arbeitslagern im Osten, die dort als Zivilarbeiter eingesetzt waren, größtenteils mit ihren Familien zusammengelebt und sich nichts hatten zuschulden kommen lassen, wurden einfach in die deutschen Konzentrationslager verschleppt. Oft wurden die Familien gemeinsam verladen und im Lager Buchenwald auf dem Bahnhof rücksichtslos auseinandergerissen. Unbeschreibliche Szenen spielten sich ab, wenn Eltern von ihren Kindern, Männer von ihren Frauen, Brüder von ihren Schwestern getrennt wurden und jedes einem anderen Schicksal entgegenging. Nach den Bestimmungen sollten die Kinder mit den Frauen weitertransportiert werden. Aber wenn ein Vater sich nicht von seinem kleinen Jungen trennen wollte, der keine Mutter mehr hatte, wenn ein anderer Junge keine andere Hilfe als den älteren Bruder hatte- dann drückten die Kameraden vom Lagerschutz ein Auge zu.
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