provozierte, so daß schließlich die Betriebsleitung am Interesse eines reibungslosen Produktionsganges gegen die Mißhandlungen Stellung nehmen mußte. Auf solche Weise wurde erreicht, daß die tatsächliche Leistung der Häftlinge nur 40-50% dessen betrug, was in jenen Jah­ren von ,, freien" deutschen Arbeitern gefordert wurde. Damit begnüg­ten wir uns jedoch nicht, sondern wollten durch aktiven Widerstand gegen den Hitler - Krieg und für den Frieden arbeiten.

Die große Anzahl von Häftlingen, die als Ingenieure, Techniker, Kontrolleure und hochqualifizierte Handwerker arbeiteten, waren fachlich den Zivilisten, die sie beaufsichtigten, meist weit überlegen. Gemeinsam mit den Kamerȧden der Arbeitsstatistik wurden bei der Arbeitsvermittlung nazihörige und unsichere Facharbeiter ausgeschal­tet und in die wichtigen Spezialistenfunktionen zuverlässige, auch zu einem persönlichen Risiko bereite Antifaschisten aller Nationen ein­gesetzt. Ihrer planmäßigen und organisierten Arbeit gelang es, immer neue Schwierigkeiten und Hemmnisse zu schaffen. Maschinen wurden nicht voll ausgenützt oder auch durch Überlastung in kurzer Zeit ruiniert. Durch unfachgemäße Anwendung von Werkzeugen wurden zum Beispiel bei der Herstellung von Gewehrläufen fünfmal so viel schwer zu beschaffende Spezialbohrer verbraucht, als normalerweise benötigt wurden. Durch Überspitzung von Kompetenzstreitigkeiten zwischen einzelnen Instanzen der überbürokratisierten Werksleitung entstanden monatelange Verzögerungen.

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Die Betriebsleitung kämpfte verzweifelt gegen die immer weitere Kreise ziehende Desorganisation des Werkes. Immer wieder wurde gegen Häftlinge die Beschuldigung der Sabotage erhoben, aber durch die Zusammenarbeit der Capos, Vorarbeiter und Spezialisten konnte diese immer wieder entkräftet werden. Schließlich setzte die Zentral­leitung des Gustloff- Konzerns einen speziellen Fachmann des Sicher­heitsdienstes ein, der den Vorgängen im Buchenwalder Gustloff- Werk auf den Grund gehen sollte. Auf die Denunziation einiger Zivilarbeiter beschuldigte dieser Gestapoagent den Capo im Werkzeugbau, seinen Häftlingen ausführliche Anweisungen zur Sabotage gegeben zu haben. Trotz aller Gegenmanöver wurde der Kamerad, der eine der wichtig­sten Funktionen in der illegalen Organisation innehatte, zur Unter­suchung in den Arrest gebracht. Aber zum Glück hatte die Gestapo keine Zeit mehr, der aufgefundenen Spur nachzugehen. Zwei Tage

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