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zugemutet, bis man ihn schließlich zu dem gemacht hatte, was das System brauchte: ein automatisch funktionieren­des Werkzeug der Führung, das alles ausführte, was ihm aufgetragen wurde, das nicht fragte, nicht zögerte, sich nicht mehr von seinem Mitleid, seinem einfachen mensch­lichen Gefühl beirren, ja nicht einmal mehr von seinem Gewissen beeinflussen ließ, das keine Skrupel mehr kannte, wenn der Befehl da war.

Erst auf diesem demoralisierten und gegen jede Roh­heit immunisierten Boden konnte der Gewaltglaube des Systems Wurzel fassen und jene furchtbaren Früchte her­vorbringen, die wir in den deutschen Konzentrationslagern schaudernd erlebt haben. Erst in dieser Vereinigung von Gewissensabstumpfung, Seelenlosigkeit und Gewaltglau­ben konnte der Menschentyp entstehen, der keine Regung des Mitleids mehr kannte, der zu allem fähig war, der die größte Rohheit, die abscheulichste Niedertracht kühlen Sinnes ausführte, der sich an Grausamkeiten amüsierte, der Typ, bei dem Gewalttat, kalten Sinnes Morden - können, der Kitzel, über Leben und Tod hilfloser Opfer verfügen zu können, zur Vorstellung eines ganzen Kerls" gehörte.

Es geht eine gerade Linie von den weltanschaulichen Grundsätzen des Systems über die Saalschlachten der An­fangszeit, das Bombardieren der Andersdenkenden im Par­lament mit Klubsesseln und Tintenfässern, über Hitlers Er­mutigungstelegramm an die viehischen Mörder von Potem­pa, die Gesinnungsgegner mit den Stiefeln totgetreten hatten( es ging damals ein Entrüstungssturm durch ganz Deutschland über diese grauenhafte Entartung des politi­schenKampfes), über die Miẞhandlungen von Volksgenos­sen im Konzentrationslager Börgermoor , die wohlorgani­sierten Judenpogrome vom 9. November 1938, die Geisel­morde in Frankreich , die zahllosen Vergeltungsakte( wo oft für einen erschossenen Deutschen hundert Gegner um­gebracht wurden), die massenhaften Gefangenenmorde