scheuliches Verbrechen einst hart büßen muß? Juden sind wie wir Geschöpfe Gottes, kein Mensch hat das Recht, sich in dieser Weise an ihnen zu vergreifen. Wie stehen Sie selbst dazu?"

,, Ich habe Sie immer bewundert, Herr Roßmann, daß Sie noch einen solchen Glauben haben, ich für meinen Teil glaube nicht mehr an eine Gerechtigkeit auf Er­den, ich glaube, heute sind die Juden dran und mor­gen kommen wir selbst an die Reihe."

Ich habe dieses Gespräch unter der gebotenen Vor­sichtsmaßregel vielen Deutschen erzählt und begegnete nur Abscheu und Entsetzen, in vielen Fällen aber auch wenig Glauben. Heute steht fest, daß mir die Wahr­heit gesagt worden war.

Die Juden aus Radom hatten uns die jüngsten Häft­linge zugeführt. Es waren drei Knaben im Alter von vierzehn, fünfzehn und sechzehn Jahren. Sie hatten schon seit Jahren in der erwähnten Pulverfabrik ar­beiten müssen. Der Jüngste genoß den Ruf eines be­sonders fleißigen Arbeiters. Seine Eltern waren auf die übliche Weise zugrunde gegangen. Er war ein mun­terer, aufgeweckter Junge, wurde rasch der allgemeine Liebling des Blocks und der auserwählte Günstling des Blockältesten, zu dessen Lob ich sagen muß, daß er die Juden sehr anständig behandelte. Dem Kleinen ließ er von jüdischen Handwerkern einen schönen blauen An­zug bauen, der wie angegossen war, und stattete ihn auch sonst gut aus. Im übrigen hielt er ihn etwa so wie ein Schah seinen Privatmohren; wie ein flinkes Hünd­chen war der Junge immer an seiner Seite, um kleine Handreichungen für seinen großen Herrn zu vollzie­hen. Beim Appell vor dem Block war er linker Flü­gelmann, unser Schah ließ ihn kleine Kommandos sprechen. Das Ende durfte er mit einer Trompete an­

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