KAPITEL 8

Die Juden aus Radom - Das KZ. als Devisenbank

Meines Bleibens im Block 68 war nicht mehr lange. Hermann wollte mich zwar halten, und im Block selbst beschäftigen, aber der Blockälteste war dagegen. Ich kam mit einer kleinen Anzahl meiner Kameraden nach Block 51. Was mich den kurzen Aufenthalt in diesem Block nicht vergessen lassen wird, ist ein besonderes Ereignis. Eines Tages wurden etwa zweihundert Häft­linge aus Polen eingeliefert, die Mehrzahl von ihnen Juden. Sie kamen alle aus Radom , wo sie in der größ­ten Pulverfabrik Europas unter entsetzlichen Bedin­gungen gearbeitet hatten. Der rasche Vormarsch der Russen zwang die Deutschen , die Pulverfabrik Hals über Kopf zu räumen. Die Maschinen wurden abmon­tiert und nach Deutschland verbracht. Als die meist jüdischen Arbeiter diese letzte Pflicht erfüllt hatten, wurden sie von ihren Frauen und Kindern getrennt und ins Konzentrationslager geschleppt. Wohin ihre Angehörigen verbracht worden waren, wußten sie nicht. Vermutlich nach Belsen. Ein intelligenter und sympa­thischer junger Jude, der als Sohn eines Schwerkriegs­beschädigten in Berlin noch das Gymnasium hatte be­suchen dürfen, und dort das Abitur gemacht hatte, erzählte mir diese Tragödie. Die anfängliche Rück­sichtnahme gegen seinen Vater fiel im Jahre 1938 fort. Bis zu diesem Zeitpunkt übte das Nazisystem mit Rück­sicht auf das Ausland in der Behandlung der Juden noch eine gewisse Vorsicht. Als es sich stark genug fühlte, ließ es auch die letzte Maske fallen. Mit dem 10. No­vember 1938- die Juden bezeichneten die Vorgänge,

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