DEN MÄNNERN

DES 20. JULI

Von ELFRIEDE NEBGEN ( ,, NEUE ZEIT")

,, Das deutsche Volk hat zahllose Männer der Freiheit gestellt, die im Stillen unbeachtet grauenhafte Qualen erduldet haben oder eines furcht­baren Todes gestorben sind, weil sie die Gesetze der Menschlichkeit nicht mit Füßen trefen lassen wollten." Karl Friedrich Goerdeler im Entwurf einer Rundfunkrede für den Fall der Regierungsübernahme nach dem Sturz Hitlers .

Vor mir liegt eine photographische Aufnahme der Verkündung des Todes­urteils über die erste Gruppe der Männer des 20. Juli, die dem zivilen Sektor der Widerstandsbewegung angehörten. Das Todesurteil wurde in den ersten Septembertagen vor dem Volksgerichtshof gesprochen und lautete: Tod durch den Sirang. Es waren die Männer, die sich bereit erklärt hatten, erste Verantwortungen in einer neuzubildenden Regierung zu über­nehmen. Das Bild stammt aus der Sammlung des Hofphotographen" Hein­ rich Hoffmann , der nich nur das Privileg auf das Angesicht des Führers" hatte, sondern auch das Recht, Schmerz, Pein und Verlassenheit der Opfer des Systems auf der Platte festzuhalten, um sie später als Mittel perfidester Propaganda wirken zu lassen.

Von den vielen, über die in jenen Tagen das Todesurteil gesprochen wurde, sieht man nur drei Männer mit bleichem, abgezehrtem Gesicht in aufrechter Haltung vor ihren Mördern stehen. Inmitten eines großen Polizeiaufgebotes, vor Richtern, die der verbrecherischen Justiz des Dritten Reiches mit aller Verlogenheit dienten, Freisler, dessen von zahllosen Bluturteilen belastetes Leben wenige Monate später- am Tage nach der Hinrichtung Goerdelers­durch eine amerikanische Bombe ausgelöscht wurde, spricht das Todes­urteil.

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